Verordnung zur Verwendung von Gebärdensprache und anderen Kommunikationshilfen im Verwaltungsverfahren nach dem Behindertengleichstellungsgesetz
(Kommunikationshilfenverordnung - KHV)

Vom 17. Juli 2002
[Verkündet am 23. Juli 2002; BGBl. I S. 2650]

Änderungen seit Inkrafttreten:

Verweise zum Behindertenrecht:
 
- extern: Das gesamte SGB IX - Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen;
 
- extern: Freifahrt-Möglichkeiten für schwerbehinderte Menschen in Deutschland;
 
und innerhalb von Wedebruch.de:
 
- Auszüge aus dem SGB IX
 
- die konsolidierte SchwbNV - Nahverkehrszügeverordnung,
 
- die konsolidierte SchwbAwV - Schwerbehindertenausweisverordnung,
 
- eine Übersicht zum Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen und zur Änderung anderer Gesetze mit Volltext des BGG - Behindertengleichstellungsgesetz,
 
- die VBD - Verordnung über barrierefreie Dokumente in der Bundesverwaltung,
 
- die BITV - Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung.


Nicht amtliche Inhaltsübersicht

§ 1 - Anwendungsbereich und Anlass
§ 2 - Umfang des Anspruchs
§ 3 - Kommunikationshilfen
§ 4 - Art und Weise der Bereitstellung von geeigneten Kommunikationshilfen
§ 5 - Grundsätze für eine angemessene Vergütung oder Erstattung
§ 6 - Folgenabschätzung
§ 7 - Inkrafttreten


Auf Grund des § 9 Abs. 2 des Behindertengleichstellungsgesetzes vom 27. April 2002 (BGBl. I S. 1467) verordnet das Bundesministerium des Innern im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung:

§ 1
Anwendungsbereich und Anlass

(1) Die Verordnung gilt für alle natürlichen Personen, die als Beteiligte eines Verwaltungsverfahrens wegen einer Hör- oder Sprachbehinderung nach Maßgabe von § 3 des Behindertengleichstellungsgesetzes zur Wahrnehmung eigener Rechte für die mündliche Kommunikation im Verwaltungsverfahren einen Anspruch auf Bereitstellung einer Dolmetscherin oder eines Dolmetschers für die Deutsche Gebärdensprache, für lautsprachbegleitende Gebärden oder anderer geeigneter Kommunikationshilfen haben (Berechtigte).

(2) Die Berechtigten können ihren Anspruch nach § 9 Abs. 1 des Behindertengleichstellungsgesetzes gegenüber jeder Behörde der Bundesverwaltung geltend machen.

§ 2
Umfang des Anspruchs

(1) Der Anspruch auf Bereitstellung einer Dolmetscherin oder eines Dolmetschers für die Deutsche Gebärdensprache oder für lautsprachbegleitende Gebärden (Gebärdensprachdolmetscher) oder einer anderen geeigneten Kommunikationshilfe besteht, soweit eine solche Kommunikationshilfe zur Wahrnehmung eigener Rechte in einem Verwaltungsverfahren erforderlich ist, in dem dafür notwendigen Umfang. Der notwendige Umfang bestimmt sich insbesondere nach dem individuellen Bedarf der Berechtigten.

(2) Die Berechtigten haben nach Maßgabe des Absatzes 1 ein Wahlrecht hinsichtlich der zu benutzenden Kommunikationshilfe. Dies umfasst auch das Recht, einen Gebärdensprachdolmetscher oder eine andere geeignete Kommunikationshilfe selbst bereitzustellen. Die Berechtigten haben der Behörde rechtzeitig mitzuteilen, inwieweit sie von ihrem Wahlrecht nach Satz 1 und 2 Gebrauch machen. Die Behörde kann den ausgewählten Gebärdensprachdolmetscher oder die ausgewählte andere Kommunikationshilfe zurückweisen, wenn sie ungeeignet sind oder in sonstiger Weise den Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht entsprechen. Die Hör- oder Sprachbehinderung sowie die Wahlentscheidung nach Satz 1 sind aktenkundig zu machen und im weiteren Verwaltungsverfahren von Amts wegen zu berücksichtigen.

(3) Erhält die Behörde Kenntnis von der Hör- oder Sprachbehinderung von Berechtigten im Verwaltungsverfahren, hat sie diese auf ihr Recht auf barrierefreie Kommunikation und auf ihr Wahlrecht nach Absatz 2 hinzuweisen.

(4) Zur Abwehr von unmittelbar bevorstehenden Gefahren für bedeutsame Rechtsgüter, wie etwa Leben, Gesundheit, Freiheit oder nicht unwesentliche Vermögenswerte, kann im Einzelfall von dem Einsatz von Gebärdensprachdolmetschern oder anderer Kommunikationshilfen abgesehen werden.

§ 3
Kommunikationshilfen

(1) Die Kommunikation mittels eines Gebärdensprachdolmetschers oder einer anderen Kommunikationshilfe ist als geeignete Kommunikationsform anzusehen, wenn sie im konkreten Fall eine für die Wahrnehmung eigener Rechte im Verwaltungsverfahren erforderliche Verständigung sicherstellt.

(2) Als andere Kommunikationshilfen kommen Kommunikationshelferinnen und Kommunikationshelfer, Kommunikationsmethoden und Kommunikationsmittel in Betracht:

  1. Kommunikationshelferinnen und Kommunikationshelfer sind insbesondere
    a) Schriftdolmetscherinnen und Schriftdolmetscher;
    b) Simultanschriftdolmetscherinnen und Simultanschriftdolmetscher;
    c) Oraldolmetscherinnen und Oraldolmetscher oder
    d) Kommunikationsassistentinnen und Kommunikationsassistenten.
  2. Kommunikationsmethoden sind insbesondere
    a) Lormen und taktil wahrnehmbare Gebärden oder
    b) gestützte Kommunikation für Menschen mit autistischer Störung.
  3. Kommunikationsmittel sind insbesondere
    a) akustisch-technische Hilfen oder
    b) grafische Symbol-Systeme.

§ 4
Art und Weise der Bereitstellung von geeigneten Kommunikationshilfen

(1) Gebärdensprachdolmetscher und andere geeignete Kommunikationshilfen werden von der Behörde bereitgestellt, es sei denn, die Berechtigten machen von ihrem Wahlrecht nach § 2 Abs. 2 Satz 2 Gebrauch.

(2) Das Bundesverwaltungsamt berät und unterstützt die Behörde bei ihrer Aufgabe nach Absatz 1.

§ 5
Grundsätze für eine angemessene Vergütung oder Erstattung

(1) Die Behörde entschädigt Gebärdensprachdolmetscher und Kommunikationshelfer in entsprechender Anwendung des Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen. Für den Einsatz sonstiger Kommunikationshilfen trägt sie die entstandenen Aufwendungen.

(2) Die Behörde vergütet die Leistungen unmittelbar denjenigen, die sie erbracht haben. Stellen die Berechtigten den Gebärdensprachdolmetscher oder die sonstige Kommunikationshilfe selbst bereit, trägt die Behörde die Kosten nach Absatz 1 nur, soweit sie nach Maßgabe des § 2 Abs. 1 erforderlich sind. In diesem Fall dürfen die Berechtigten nicht auf eine Erstattung verwiesen werden, es sei denn, sie wünschen dies oder es liegt ein sonstiger besonderer Grund vor.

§ 6
Folgenabschätzung

Diese Verordnung wird spätestens nach Ablauf von drei Jahren nach ihrem Inkrafttreten auf ihre Wirkung überprüft.

§ 7
Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

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  Letzte Änderung am 15. August 2004 von Matthias Dörfler