Verlautbarung des Eisenbahn-Bundesamtes

Vom 20. August 1998
[Bekannt gegeben VkBl. 1998; S. 1166]

Verwaltungsvorschrift für Zulassung und Einsatz von Schienenfahrzeugen mit vom Standard abweichender Ausrüstung im Zuständigkeitsbereich des Eisenbahn-Bundesamtes
(VV-EBO 1)

Inhalt

1. Rechtsqualität und Ziel des Verwaltungsvorschrift
2. Fachgesetzliche Grundlagen für die Arbeit des Eisenbahn-Bundesamtes
3. Abweichungen vom Standard, Bestandsschutz
4. Ausnahmen
5. Kompatibilität von Fahrzeug und Infrastruktur
6. Verstöße

Anhang 1 Behandlung von Schienenfahrzeugen, deren Ausrüstung von der EBO / ESBO abweicht
Anhang 2 Behandlung von Schienenfahrzeugen, deren Ausrüstung von den anerkannten Regeln der Technik abweicht

1. Rechtsqualität und Ziel der Verwaltungsvorschrift

1.1

Nachstehende Regelungen werden als Verwaltungsvorschrift des Eisenbahn-Bundesamtes in Kraft gesetzt. Sie stellen dienstliche Weisungen dar und sind daher intern unmittelbar verbindlich. Die Regelungen dienen dem Ziel, bei der Umsetzung der im Anschluss aufgeführten gesetzlichen Grundlagen eine gleichmäßige Verwaltungsausübung sicherzustellen. Sie haben keinen Einfluss auf vom Gesetzgeber selbst zugewiesene Verantwortlichkeiten. Die Verwaltungsvorschrift kann insbesondere keine höheren oder weitergehenden Anforderungen stellen, als sich bereits aus gesetzlichen Vorschriften ergeben.

1.2

Zweck dieser Verwaltungsvorschrift ist insbesondere die Festlegung eines einheitlichen Verwaltungsverfahrens für die Zulassung und den Einsatz von Schienenfahrzeugen mit vom Standard abweichender Ausrüstung. Dies sind Fahrzeuge, die

Diese Verwaltungsvorschrift ergänzt die «Verwaltungsvorschrift für die Abnahme von Schienenfahrzeugen im Zuständigkeitsbereich des EBA» vom 18. August 1997.

1.3

Ziel dieser Verwaltungsvorschrift ist es, einheitliche Kriterien für den Einsatz von nicht die anerkannten Regeln der Technik repräsentierenden Fahrzeugen aufzustellen.

2. Fachgesetzliche Grundlagen für die Arbeit des Eisenbahn-Bundesamtes

sind u.a.:

§ 4 Abs. 2 Allgemeines Eisenbahngesetz (AEG)

Baufreigaben, Abnahmen, Prüfungen, Zulassungen, Genehmigungen und Überwachungen für Errichtung, Änderung, Unterhaltung und Betrieb der Betriebsanlagen und für Schienenfahrzeuge von Eisenbahnen des Bundes auf Grund anderer Gesetze und Verordnungen obliegen ausschließlich dem Eisenbahn-Bundesamt.

Das folgende Zitat entspricht dem Gesetzesstand bei Erlass dieser Allgmeinen Verwaltungsvorschrift. Für den konsolidierten Gesetzestext folgen Sie dem anschließenden Link auf den Paragraphen 3 BEVVG

§ 3 Abs. 2 Gesetz über die Eisenbahnverkehrsverwaltung des Bundes (BEVerkVwG)

Dem Eisenbahn-Bundesamt obliegen folgende Aufgaben:

1. die Planfeststellung für die Schienenwege von Eisenbahnen des Bundes,

2. die Ausübung der Eisenbahnaufsicht einschließlich der technischen Aufsicht sowie der Bauaufsicht für Betriebsanlagen der Eisenbahnen des Bundes;

3. Erteilung und Widerruf einer Betriebsgenehmigung,

4. die Ausübung hoheitlicher Befugnisse sowie von Aufsichts- und Mitwirkungsrechten nach Maßgabe anderer Gesetze und Verordnungen,

5. die Vorbereitung und Durchführung von Vereinbarungen gemäß § 9 des Bundesschienenwegeausbaugesetzes,

6. Aufgaben nach § 4 Abs. 2 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes,

7. die fachliche Untersuchung von Störungen im Eisenbahnbetrieb.

Das folgende Zitat entspricht dem Verordnungsstand bei Erlass dieser Allgmeinen Verwaltungsvorschrift. Für den konsolidierten Verordnungstext folgen Sie dem anschließenden Link auf den Paragraphen 2 EBO

§ 2 Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung (EBO)

(1) Bahnanlagen und Fahrzeuge müssen so beschaffen sein, dass sie den Anforderungen der Sicherheit und Ordnung genügen. Diese Anforderungen gelten als erfüllt, wenn die Bahnanlagen und Fahrzeuge den Vorschriften dieser Verordnung und, soweit diese keine ausdrücklichen Vorschriften enthält, anerkannten Regeln der Technik entsprechen.

(2) Von den anerkannten Regeln der Technik darf abgewichen werden, wenn mindestens die gleiche Sicherheit wie bei Beachtung dieser Regeln nachgewiesen ist.

(3) Die Vorschriften dieser Verordnung sind so anzuwenden, dass die Benutzung der Bahnanlagen und Fahrzeuge durch Behinderte und alte Menschen sowie Kinder und sonstige Personen mit Nutzungsschwierigkeiten erleichtert wird.

§ 2 Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung für Schmalspurbahnen (ESBO)

Die Vorschriften des § 2 der EBO gelten entsprechend

für die Schmalspurbahnen der Eisenbahnen des Bundes.

§ 3 Abs. 1 Nr. 4 Gesetz über die Beförderung gefährlicher Güter

Die Bundesregierung wird ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates Rechtsverordnungen und allgemeine Verwaltungsvorschriften über die Beförderung gefährlicher Güter zu erlassen, insbesondere über [...] den Bau, die Beschaffenheit, Ausrüstung, Prüfung und Kennzeichnung der Fahrzeuge und Beförderungsbehältnisse [...]

Die folgende Fundstelle entspricht dem Verordnungsstand bei Erlass dieser Allgmeinen Verwaltungsvorschrift. Siehe jetzt: Gefahrgutverordnung Straße und Eisenbahn (GGVSE)

Gefahrgutverordnung Eisenbahn (GGVE) Anlage Anhang XI

Vorschriften über den Bau, die Prüfung und die Verwendung von Kesselwagen.

Das Verhältnis der Eisenbahnunternehmer zu der für den Bereich der Eisenbahn des Bundes zuständigen Aufsichts- und Genehmigungsbehörde, dem Eisenbahn-Bundesamt, hat der Gesetzgeber grundlegend geregelt im:

§ 4 Abs. 1 Allgemeines Eisenbahngesetz (AEG)

Die Eisenbahnen sind verpflichtet, ihren Betrieb sicher zu führen und die Eisenbahninfrastruktur, Fahrzeuge und Zubehör sicher zu bauen und in betriebssicherem Zustand zu halten.

Mit dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber klargestellt, dass es zuvorderst Pflicht der auf dem Schienennetz der Eisenbahnen des Bundes tätigen Unternehmer ist, die Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen zu gewährleisten. Das Eisenbahn-Bundesamt kontrolliert, ob der Unternehmer seine gesetzlichen Pflichten erfüllt.

§ 14 Abs. 4 Allgemeines Eisenbahngesetz (AEG)

Einzelheiten des Zugangs, insbesondere hinsichtlich des Zeitpunktes und der Dauer der Nutzung, sowie das zu entrichtende Entgelt und die sonstigen Nutzungsbedingungen einschließlich der der Betriebssicherheit dienenden Bestimmungen sind zwischen den Eisenbahnverkehrsunternehmen und den Eisenbahninfrastrukturunternehmen zu vereinbaren.

3. Abweichungen vom Standard, Bestandsschutz

3.1

Fahrzeuge für den zeitlich unbeschränkten, freizügigen Einsatz unterfallen den Regelungen der EBO / ESBO, d.h. sie müssen entweder den Anforderungen der EBO / ESBO genügen oder eine Ausnahme nach § 3 Abs. 1 EBO ist erforderlich (siehe Punkt 4).

3.2

Bei Fahrzeugen für den zeitlich beschränkten und/oder nicht freizügigen Einsatz ist eine Kompensation nach dieser Verwaltungsvorschrift, ggf. in Verbindung mit einer Ausnahme nach § 3 Abs. 1 EBO (siehe Punkt 4), erforderlich.

3.3

Bei Abweichungen von den Vorschriften der EBO bzw. ESBO sind Beispiele für kompensierende Maßnahmen dem Anhang 1, bei Abweichungen von den anerkannten Regeln der Technik dem Anhang 2 zu entnehmen.

Hinweis: Die kompensierenden Maßnahmen berücksichtigen nicht die Besonderheiten auf Strecken mit einer zulässigen Geschwindigkeit von mehr als 160 km/h.

3.4

Bei der Einzelfallprüfung ist der Bestandsschutz zu berücksichtigen.

4. Ausnahmen

Sind Ausnahmen von den Vorschriften der EBO oder ESBO erforderlich, so ergibt sich die Zuständigkeit für die Entscheidung aus § 3 EBO und ESBO. Im Antrag sollen die im Einzelfall maßgeblichen Abweichungen und die zur Kompensation vorgesehenen Maßnahmen dargestellt werden.

5. Kompatibilität von Fahrzeug und Infrastruktur

5.1

Das Eisenbahninfrastrukturunternehmen hat gemäß § 4 Abs. 1 i.V.m. § 14 Abs. 4 AEG zu prüfen, dass die eingesetzten Fahrzeuge mit der befahrenen Infrastruktur und der Betriebsführung kompatibel sind, bzw. auf welche Weise die Kompatibilität der Fährzeuge mit der befahrenen Infrastruktur und der Betriebsführung hergestellt wird. Die Fahrzeuge sind so auszurüsten, dass sämtliche sicherheitsrelevanten Anforderungen erfüllt werden, welche aus dem Zusammenspiel mit der Infrastruktur und der Betriebsführung an die Fahrzeuge zu stellen sind.

5.2

Die Prüfung hat sich unabhängig von den Eigentumsmerkmalen auf sämtliche, mithin auch im Eigentum Dritter stehende und beim Eisenbahnverkehrsunternehmen mit privatrechtlichem Vertrag eingestellte oder von anderen Eisenbahnunternehmen übergehende Fahrzeuge zu erstrecken.

6. Verstöße

Werden Verstöße in seinem Zuständigkeitsbereich festgestellt, kann das Eisenbahn-Bundesamt im Rahmen der Gefahrenabwehr Verwaltungszwangsmaßnahmen einleiten. Eine vorherige Anhörung ist grundsätzlich erforderlich. Bei Eilbedürftigkeit kann diese nachgeholt werden.

Anhang 1

Behandlung von Schienenfahrzeugen, deren Ausrüstung von der EBO / ESBO abweicht

EBO
§ (Abs.)
ESBO
§ (Abs.)
Abweichung Kompensierende Maßnahmen (siehe dazu Punkt 4, Ausnahmen)
1. Räder und Radsätze
21 (2) 21 (2) Abweichende Raddurchmesser und Radreifenbreiten Einsatz nur auf kompatiblem Netz, angepasste Geschwindigkeit, Nachweis der Lauffähigkeit
2. Begrenzung der Fahrzeuge
22 (1) 22 (1) Überschreiten der Bezugslinie Einzelnachweis: Kompatibilität zwischen Strecke und Fahrzeug
3. Bremsen
23 (1) 23 (1) Fahrzeuge ohne zugelassene Bremse Einsatz der Fahrzeuge im Verband mit Bremsen
23 (2) 23 (2) besondere Bremsbauart Nachweis der Kompatibilität im Zugverband, artreiner Zugverband
4. Zug- und Stoßeinrichtungen
24 (3)   Stangenpuffer Nachweis der Kompatibilität im Zugverband, artreiner Zugverband
5. Freie Räume und Bauteile an den Fahrzeugenden
25 (1) 25 (1) Berner Raum nicht eingehalten Örtliche Warnhinweise und besondere An- und Unterweisungen des betroffenen Personals
6. Geschwindigkeitsanzeiger
28 (1) Nr. 3 28 Nr. 3 Fehlender Geschwindigkeitsmesser bei Tfz Ggf. Fahren mit Vorspann
7. Zugbeeinflussung
28 (1) Nr. 4   Tfz nicht mit Zugbeeinflussung ausgerüstet, obwohl nach EBO erforderlich Fahren mit Vorspann, zweiter Triebfahrzeugführer mit Begrenzung der zulässigen Geschwindigkeit auf 100 km/h
8. Sicherheitsfahrschaltung
28 (1) Nr. 6 28 Nr. 4 Tfz nicht mit Sifa ausgerüstet, obwohl nach EBO / ESBO erforderlich Beimann
9. Zugfunkeinrichtungen
28 (1) Nr. 7   Tfz nicht mit Zugfunkeinrichtungen ausgerüstet, obwohl nach EBO erforderlich Mobile Zugfunk-Anlage, betriebliche Regelung, Mobiltelefon nach GSM mit betrieblicher Regelung
10. Einsteigetüren der Reisezugwagen
28 (2)   Personenwagen und Triebwagen ohne autarke Türsicherung Bewachen der Türen, Unterrichten der Reisenden, kein Begegnungsverkehr, Begrenzen der Geschwindigkeit auf i.d.R. 30 km/h
28 (2) 29 (2) Personenwagen mit offenen Bühnen, mit offenen Übergängen Gestattung des Aufenthalts gemäß § 2 Abs. 4 EBO [Ausschluss des § 63 Abs. 3 EBO] durch die Aufsichtsbehörde, Bewachen oder Sichern der Bühnengeländer und beweglichen Abschlüsse insbesondere im Hinblick auf Kinder, Hinweisschilder,
    dito kein Begegnungsverkehr, Begrenzen der Geschwindigkeit auf i.d.R. 30 km/h, Begrenzen des Besetzungsgrades in Abhängigkeit von den betrieblichen Bedingungen
28 (3) 29 (3) Personenwagen ohne Schutzeinrichtung an den Türen Bewachen der Türen
11. Glasscheiben
28 (6) 29 (6) Reisezugwagen und Triebwagen ohne Sicherheitsglas Abhängig vom Einsatz: Bekleben mit Folie
12. Beleuchtung
  29 (9) Personenwagen ohne Beleuchtung Verbot des Einsatzes bei Dunkelheit
13. Brandschutz
28 (7) 27 (1) Personenwagen mit Inneneinrichtungen, die das Ausbreiten bzw. Entstehen von Bränden nicht erschweren Wenn Fahrzeuge mit Reisenden nicht Schnellfahrstrecken mit hohem Tunnelanteil und nicht S-Bahn-Tunnel befahren: Nachweis nur für geänderte Werkstoffe; offenes Feuer beaufsichtigen;
    dito Brandbekämpfungseinrichtungen: Halonfreie Löschmittel, CO2-Löscher für Reisende unzugänglich, Befüllung von Kübelspritzen vor jeder Fahrt prüfen
14. Anschriften
28 (14)   Fahrzeuge, die nicht die für Betrieb, Unterhaltung und Arbeitsschutz erforderlichen Anschriften und Zeichen tragen Fahrzeuge unzugänglich abstellen; an zugänglich abgestellten Fahrzeugen Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung gem. GUV 0.7 / VBG 125 für die Dauer der Abstellung anbringen;
    dito unter spannungsführenden Fahrleitungen abgestellte Fahrzeuge ggf. zusätzlich mit Warnzeichen «Lebensgefahr bei Hochspannung» versehen.

Anhang 2

Behandlung von Schienenfahrzeugen, deren Ausrüstung von den anerkannten Regeln der Technik abweicht

  Abweichung Kompensierende Maßnahmen
1. Statische und dynamische Fahrzeugfestigkeit nicht regelgerecht Behandeln nach LNT-Richtlinien
2. Räder und Radsätze
  Gleitlager Begleitung, angepasste Inspektionsintervalle
3. Fenster
3.1 Skl, Klv ohne Sicherheitsglas Kein Begegnungsverkehr, Bekleben mit Folie
3.2 Personenwagen, deren Seitenscheiben einer Druckdifferenz von p +/-0,75 kPa im Begegnungsverkehr nicht standhalten Kein Begegnungsverkehr mit v > 160 km/h
4. Umweltschutz
  Fehlende Ölauffangwannen im Maschinenraum, Tropföl (z.B. bei Fahrzeugen mit Gleitlagern) und Kühlmittelaustritt Herstellen besonderer Abstellplätze (Wannen, Matten usw.), Verwenden von biologisch abbaubaren Ölen, Umbau auf Fettschmierung

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  Letzte Änderung am 25. Dezember 2006 von Matthias Dörfler